Sonntag, 14. Mai 2023

Der Brief auf dem Weg nach Sardinien

Warum? Wenn ich das nur wüsste! Ich bin mal wieder auf dem Weg in ein Flugzeug. Nicht das mein Flug nach Island und zurück mir vor Angst die Tränen in die Augen getrieben hätte. Nein ich steh offensichtlich darauf mich selbst zu geiseln. Mich in eine enge Röhre zu setzen, die auf wundersame weise, mit ohrenbetäubendem Lärm, ungeklärten Geräuschen und ruckelnden Bewegungen, in die Lüfte erhebt und mit bis zu 900 km/h in 11km Höhe Chemtrails versprüht. Ok das mit den Chemtrails hab ich von Tante Dine 😉

Mein Hirn kann sich immer noch nicht damit anfreunden in einem Flugzeug zu sitzen. Und wer ist eigentlich an der ganzen Sache schuld? Gabriel. Mein Azubi. Der fliegt nämlich in ein paar Wochen nach Sardinien und klein David fand die Idee von italienischem Küstenflair ganz gut. Es ist warm, kristallklares Wasser, wilde Natur. Und ich war noch nie auf Sardinien. Also wird Frau Kern aus meinem Reisebüro mir mal das ein oder andere Angebot unterbreiten.

Es wird ein kleines Resort, 400m vom Strand. Mit Pool, Spa, 3 Restaurants. Fernab von allem. Ohne Auto wird es schwierig von da weg zu kommen. Aber es gibt wohl ein Fahrradverleih und ich bin ja auch gut zu Fuß, bzw. im Schwimmen. Ich habe mir sogar meine Tauchmaske und Flossen eingepackt. Doppelzimmer Deluxe zur Alleinnutzung und Halbpension. Flug mit Condor.

Ein paar Tage vor der Abreise schauen Gabriel und ich nach den Flügen, da er im Juni fliegt und ich schon im Mai, bin ich sozusagen der Tester. Allerdings schaue ich nicht schlecht, als es hieß nicht Condor fliegt, sondern European Air Charter. Eine bulgarische Charter Fluggesellschaft. Mit Maschinen die im Durchschnitt 26 Jahre alt sind. o.O

Gabriel lacht schon, denn er kennt meine Angst und dann kann auch ich lachen, denn er fliegt mit derselben Airline. Diesen Etikettenschwindel mag ich ja gar nicht. Ich kauf ja auch keinen Mercedes und bekomme einen Trabanten. Jetzt ist es zu spät. Die Reise ist nicht stornierbar. Was mir natürlich auch erst jetzt auffällt, am Reisetag ist Muttertag UND, viel wichtiger, Oma hat 90. Geburtstag. Da werde ich mir was anhören können. Ist aber nun mal so, was soll ich machen.

Natürlich fliege ich nicht von LEJ sondern von FRAU. Ist günstiger, selbst wenn man die Anreise mir der DB einrechnet. Aber dank Bahncard 25 1. Klasse geht das. Und die 3h im Zug kann ich nutzen um meinem Gehirn zu sagen: Alles wird gut, wie immer. Und nicht nur ich sage das, denn in meinem Gepäck befindet sich ein Brief. Noch weiß ich nicht was drin steht, nur so viel wurde mir verraten, er soll mir helfen, wenn ich Angst habe. Und noch bin ich der Einzige der weiß von wem er ist. Öffnen darf ich ihn erst im Flieger. Danke 😊

Nun sitz ich im Zug, der pünktlich ist. Mir gegenüber sitzt eine ältere Dame (nennen wir sie Helga) die sich gleich mal ein Wienerwürstchen reinschiebt. Daneben ein älterer Herr, der typische Business Man (nennen wir ihn Dieter), über den Gang ein sich gegenübersitzendes Ehepaar (nennen wir die Rolf und Elsbeth). Elsbeth ließt ein Buch, Rolf tippt auf dem iPad rum. Dieter scheint in Begleitung einer Reisegruppe zu sein. Denn neben Rolf und Elsbeth sitzen nun zwei junge Herren, wobei der eine davon sehr jung ist (Henning, der ältere und André der jüngere). André ist, so würde mir mein Radar sagen sicher irgendwas wie Non-Binäre Gay, oder so. Zumindest holt er sein Notebook raus und man möchte meinen seine Finger brechen bei den Gesten. Übrigens ist es das gleiche Notebook wie das von Dieter. Der hat ihm das sicher geschenkt. Während nun also André sein Notebook aufbaut und einschaltet, schaut Elsbeth ganz gespannt auf den Bildschirm. Was sie da zu sehen erwartet?

Der Zugbegleiter kommt. Die Fahrkarten bitte. Hier nochmal die Frage an die DB, warum habe ich ein Komfort Checkin, welches ich auf dem Handy bestätige, wenn dann der Zugbegleiter dennoch meine Fahrkarte sehen will? Nun ja die Bahncard will er auch noch sehen. Bis ich die aber aus dem Portemonnaie geholt habe, tippt er auf mein Handy und wie von Zauberhand erscheint Sie. Super. Einer der sich mit Technik auskennt. Und nun erschließt sich mir auch warum Dieter zu einer Gruppe gehört. Der Zugbegleiter meint nämlich: „Und sie sind also der Gruppenführer!“ Dabei sieht Dieter gar nicht nach Führer aus. Eher wie ein Eisbär. Komplett weiß, selbst die Brusthaare, welche aus seinem Hemd sprießen sind weiß und dann die spitz zulaufende Nase. Eisbär. Dieter meint die beiden neben ihm, Henning und André gehören auch dazu.

Helga ist vollgekrümelt. Und schaut etwas mürrisch. Dieter hat mittlerweile sein Geschäftsbericht beiseitegelegt und tippt auf seinem Notebook rum. André könnte Student sein, er scheint einen Text zu lesen. Zumindest tippt er nicht auf seiner Tastatur rum, sondern scrollt und ließt mit seinen Augen und spricht still die Worte vor sich hin. Wenn man also Lippen lesen könnte… Elsbeth ist mit ihrem Buch offenbar nicht ganz zufrieden. Sie schaut ständig auf und beobachtet die Menschen. Henning ließt eine Präsentation durch. André spielt mit seinem Nasenring und grault sich den flaumenhaften Bart, die andere Hand schwebt über die Tastatur. Diese Reisetruppe scheint nicht sonderlich gesprächig zu sein. Was die wohl zusammengebracht hat? Ach, Menschen beobachten ist schon was tolles. Ich sitze hier mit einem Schmunzeln und schreibe.

Ganz schön viele Menschen sind unterwegs, die Reisezeit scheint wieder begonnen zu haben. Ich bin gespannt wie voll der Flughafen sein wird. Meine beiden Brezeln habe ich schon verdrückt und Helga schiebt sich das nächste Wienerwürstchen rein. Die Landschaft zieht vorbei, alles ist grün und die Rapsfelder blühen. Da eine Fahrradkolonne, ist die Tour de France unterwegs? Und noch mehr grün. Helga und Dieter sind nun eingeschlafen.

In Frankfurt verlassen mich Dieter und Co, auch Helga steigt aus. Natürlich nicht ohne, dass man schon 10 Minuten vor Einfahrt in den Bahnhof im Gang steht. Man könnte ja das Aussteigen verpassen. Blöd nur wenn der Zug kurz vor dem Bahnhof einfach stehen bleibt und wartet. Die Schlange im Gang erinnert mich an die im Flugzeug, kurz nachdem der Flieger gelandet ist und alle aufspringen und ihr Gepäck aus den oberen Ablagen nehmen und dann noch 15 Minuten im Gang stehen, weil aus reiner Bosheit die Besatzung die Türen nicht aufmacht.

Am Flughafen lauf ich dann ganz gemächlich zum Checkin. Natürlich bin ich viel zu zeitig. Man kann sich ja nicht auf die DB verlassen, daher musste ich zeitig genug los. Nun hab ich 4:45 h Zeit. Mein Flug steht noch nicht mal an der großen Tafel in der Abfertigung. Aber dafür andere Condor Flüge. Daher weiß ich zu welchem CheckIn Schalter ich muss. Auf dem Weg dahin versuch ich mich gleich bei Condor online einzuchecken. Was mir nicht gleich gelingt. Der Safari Browser meines iPhone hat dazu kein Bock. Wenigstens geht’s über Google. Jetzt muss ich nur noch meine Buchungsnummer finden. Kurz bevor ich dran bin, bin ich auch online eingecheckt und hab schon meine Bordkarten im Handy 😊 Am Schalter werde ich gefragt ob ich die Bordkarte brauche, nö danke, sie druckt sie dennoch aus und schmeißt die weg. Das nenn ich nachhaltig 😉

Nun auf zur Sicherheitskontrolle. Es gibt da insgesamt 8 Schleußen. 3 Sind geöffnet. Dementsprechend ist die Schlage lang. Mitten in dieser eine Dame die nun erstmal ihre Tasche auf dem Boden entleert und Ihre Kosmetikprodukte sortiert. Die Schlange dahinter wird etwas ungeduldig. Kopfschütteln und Unverständnis macht sich breit, die Dame an sich kann es gar nicht verstehen.

Ich bin vorbereitet. Tablett raus, Switch raus, den Rest in die Schale und fertig. Leider ist das Gate noch nicht ausgeschrieben. Und ich wandere durch das Terminal 1 Bereich B. Oma wird auch noch angerufen, heute hat Sie ja Geburtstag. Und dann telefonieren ich noch mit dem Briefschreiber 😉Wenn ich nachher einsteige muss ich schon mal alles bereithalten. Ladegerät für Telefon, Kopfhörer Getränk, Handy und Brief. Der Rest muss zwingend in die obere Ablage, weil ich am Notausgang sitze, wegen Beinfreiheit. Das lässt sich Condor natürlich gut bezahlen. Apropos gut bezahlen. Da ich ja doch recht spät im Hotel bin und ich nicht weiß ob es noch was zu Abend zu essen gibt, habe ich mir im hier am Flughafen noch 3x 0,5l Eistee gekauft und ein Sandwich. Es grenzt an Wucher das man dafür 22€ zahlen muss! 1 Tüte M&Ms kostet sage und schreibe 10€. Sind die dann mit Gold überzogen?

Nun sitze ich am Gate B9 und das zwischen den Malleurlaubern die gleich nach Palma de Mallorca fliegen. Der Wartebereich dünnt sich aus. Da kommt eine Crew, hellgrüne Hemden und Grüne Schlips, die Damen und Blau-Grün-Roten Halstüchern und glaube das ist meine Crew. Sie nehmen hier platz und warten. Sind ja nur noch 1h bis zum Boarding. Das muss meine Crew sein. Da der Captain, Copilot und 2 Damen und 2 Herren für die Kabine. Wenigstens ist einer dabei der recht gut aussieht ;)

Die Lufthansa macht gerade einen Aufruf. Die Maschine nach Dresden ist über bucht und man sucht zwei Passagiere welche die Spätmaschine um 22:00 nehmen, dafür zahlt die Airline den beiden je 250€. Also wer Zeit hat kann umbuchen und bekommt Geld. Unser Gate wird unterdessen geändert und unsere Crew schlendert los. Am neuen Gate wird uns dann gesagt es seien noch Sitzplätze in der Businessclass frei. Bildet Euch jetzt nicht ein ich wäre dekadent und hab getauscht. Nö, meine Overwing Position lass ich mir nicht wegnehmen. 


Bis zum Boarden telefoniere ich noch mit meinem Briefschreiber, der mich von meiner Angst ablenkt. Und dann kommt der Aufruf zum Boarden. Alle in den Bus und ab zur bulgarischen Maschine mit Condorbemalung. 


Sieht eigentlich ganz ok aus. Hoffentlich halte ich das durch. Mir ist jetzt schon ganz komisch, mein Herz bubbert wie verrückt. Immerhin hab ich Beinfreiheit. 


Und von den kyrillischen Schriftzeichen lass ich mich nicht einschüchtern. Das einzige was mir komisch vorkommt ist das Geräusch das der Flieger macht. Es klingt wie wenn jemand mit einer Säge Plastik durchsägt. Dieses Geräusch ist nervig und dauerhaft. Und dann rollt sie los, die ausgebuchte Maschine, kein Platz ist mehr frei.




Kaum auf der Startbahn, gibt er vollgas und das nicht sachte, sondern wie in der Formel 1. Dieses Geräusch ist immer noch da. Und abheben und dann laufen Sie auch schon wieder die Tränen. und es wackelt und rumpelt. Nächstes mal nehm ich mir nen Camper und fahre nach Skandinavien. Ich glaub nun ist es an der Zeit den Brief zu öffnen. Ich kenne niemanden der einen Brief mit in den Flieger nimmt um ihn dort zu lesen. Langsam öffnen nichts kaputtmachen, der soll ja schließlich eine ganze weile halten. Und nun seid ihr alle gespannt was drin steht ;)

Ganz liebe Worte, von einem ganz lieben Menschen. Ihr brennt doch förmlich zu lesen was da drin steht. Es geht um Sicherheit, um Tapferness, um Sardinien. Und das man keine Angst haben muss. Ein Teil des Briefes zeig ich Euch. 🤓



Das ist so schön und neben den Tränen die aus Gründen der Überwältigung und Freude über so liebe Worte kommen, macht sich sogar ein Lächeln auf meinem Gesicht breit. Auch wenn ich Max gerade nicht dafür mit einer dicken Umarmung danken kann, so tu ich das in Gedanken. Nun kann ich schon etwas beruhigter im Flieger sitzen und nach draußen schauen, die Wolken und die Sonne beobachten und etwas Ruhe in diesem Bild finden. Schön wenn es so liebe Menschen gibt die einem was gutes tun. DANKE :)

Offenbar sind wir schon über dem Mittelmeer, denn ich kann unter uns Kreuzfahrtschiffe erkennen. Dann wird wohl gleich der Landeanflug beginnen. Die Aussicht mit der Sonne ist überwältigend. Schade das niemand dabei ist um diesen Moment mit mir zu teilen. 


Wenig später überfliegen wir die Küste von Sardinien und setzen auf der Landebahn auf. Ihr glaubt nicht wie erleichtert ich bin und mein T-Shirt völlig durchgeschwitzt. 


Natürlich stehen jetzt schon alle im Gang und warten das die Crew die Tür aufmacht. Ich bleibe sitzen und warte. Die Koffer kommen sehr zügig, bin ich aus Deutschland so gar nicht gewohnt. Und in der Empfangshalle steht schon die Dame von FTI. jetzt warten wir noch auf den Flieger aus München, oder wie die Italiener sagen Monaco di Baveria. Die Sonne geht unter und taucht den Himmel in rosa rote Wattewolken. Die Busfahrt dauert ca 30 min. dann kommen wir an der riesigen Hotelanlage an. 


Kurzer CheckIn auf perfektem Deutsch und in Englisch. Dann wird man mit einem Golfcar zum Zimmer gefahren. Ich habe natürlich meinen eigenen Chauffeur. ;) Zimmer 812. etwas am ende der Anlage. Schön ruhig gelegen und somit auch etwas näher am Strand, der ca 300m entfernt ist. Die Luft ist frisch und salzig, es duftet nach Blumen. Mein Zimmer ist riesig. Schaut selbst:




Da wir sehr spät angekommen sind gibt es kein Essen mehr, aber die Dame an der Rezeption versichert uns, das wir unser Dinner aufs Zimmer bekommen. Sie hat da was bestellt. Und während ich den Koffer auspacke, klopft es und das Abendessen steht vor der Tür. Nichts großes. aber immerhin, man kümmert sich. 

Ich bin müde, werde die Zeilen heute kaum zu ende schreiben können. Ich schlaf jetzt. 

Gute Nacht. 


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